Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG)

(Letzte Aktualisierung: 28.08.2021)

Die Freiheit der Person ist eines der ältesten Grundrechte. Zwar werden allgemein alle Grundrechte auch als „Freiheiten“ bezeichnet. Die Freiheit der Person meint aber die tatsächlich räumliche Freiheit, also die Freiheit sich fortzubewegen. Gegensatz zur Freiheit ist hier die Gefangenschaft.

Diese körperliche Freiheit ist, vielleicht unmittelbar nach dem Recht zu leben und gleichrangig mit dem Recht auf Eigentum, ein ganz zentrales Grundrecht. Ohne Bewegungsfreiheit sind die anderen Grundrechte schwer denkbar bzw. kaum auszuüben.

Zugleich ist es natürlich möglich und quasi gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass der Staat Menschen auch einsperren darf. Polizeilicher Gewahrsam, Untersuchungshaft und Gefängnisstrafen, aber bspw. auch die zwangsweise Unterbringung in Psychiatrien, Heimen oder Krankenhäusern sind übliche Formen der Freiheitsbeschränkung.

In modernen Zeiten hat neben der Schaffung einer speziellen gesetzlichen Rechtsgrundlage für Freiheitsentziehungen auch das genaue Verfahren an Bedeutung gewonnen. Dieses muss dem Schutz des Grundrechts und der Wahrung der Beteiligungsrechte des Betroffenen dienen. Auch steht die Freiheitsentziehung unter besonderen Verhältnismäßigkeitshürden. Ob diese Gesichtspunkte in der Praxis immer gebührend berücksichtigt werden, ist aber durchaus umstritten.

Grundrecht

Was bedeutet die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG)?

Die Freiheit, sich fortzubewegen, ist ein ganz zentrales Recht.
Die Freiheit, sich fortzubewegen, ist ein ganz zentrales Recht.
Freiheit in diesem, engen Sinne ist nur die körperliche Fortbewegungsfreiheit. Eingeschränkt wird diese Freiheit, wenn der Staat dem Bürger vorschreibt, einen bestimmten Ort nicht mehr zu verlassen.

Nicht darunter fallen Pflichten, Behörden aufzusuchen sowie Betretungsverbote andererseits.

Der intensivste Eingriff in die persönliche Freiheit ist die Verhaftung durch staatliche Kräfte, in erster Linie durch die Polizei. In diesem Fall greifen unmittelbar besondere Rechte und Verfahrensgarantien ein, die eigene Grundrechte darstellen, zugleich aber auch die allgemeine Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG schützen sollen.

Darf man jeden beliebigen Ort aufsuchen?

Nein.

Die Freiheit der Person dient dem Schutz vor Einsperrung, gewährt aber keine allgemeine Bewegungsfreiheit. Man hat das Recht, einen bestimmten (meist in irgendeiner Form unangenehmen) Ort zu verlassen und einen anderen Ort aufzusuchen. Das bedeutet aber nicht, dass man sich an jeden beliebigen anderen Ort begeben darf. Das Verbot, einen bestimmten Ort oder Raum zu betreten fällt also nicht unter die Freiheit der Person.

Eine Ausnahme dürfte aber anzunehmen sein, wenn der Aufenthalt an so vielen Orten verboten wird, dass faktisch die Fortbewegungsfreiheit sehr erschwert wird. Wenn der Staat bspw. untersagt, alle Straßen rund um das eigene Grundstück zu betreten, dann wird man im Ergebnis in der eigenen Wohnung eingesperrt und sehr wohl in seiner Freiheit eingeschränkt.

Gibt es auch einen Anspruch auf Ermöglichung der eigenen Fortbewegung?

Ja, in engen Fällen besteht auch ein Recht des Bürgers, dass der Staat ihm die Fortbewegung ermöglicht.

Dies ist bspw. in extremen Ausnahmesituationen wie Geiselnahmen oder einer Festsetzung durch ausländische Staaten oder Organisationen der Fall. Auch hat der Bürger wohl ein Recht darauf, dass der Staat rechtswidrige Blockadeaktionen durch Privatpersonen in angemessener Zeit auflöst.

Behinderte dürften in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip einen Anspruch darauf haben, dass ihnen Hilfsmittel gewährt werden, mit denen sie sich zumindest in gewissem Rahmen fortbewegen können. (Bsp.: Rollstuhl, Treppenlift, Fahrzeugumbau)

Es gibt dagegen kein Recht auf Bereitstellung bestimmter Verkehrsmittel oder gar auf staatlich initiierten Urlaub.

Wann ist Untersuchungshaft verfassungsrechtlich zulässig?

Untersuchungshaft ist die Inhaftierung ohne eine strafrechtliche Verurteilung, also ohne gesicherte Schuld. Vielmehr gilt die Unschuldsvermutung fort, er wird also so gesehen ein Unschuldiger eingesperrt.

Daher sind die Voraussetzungen sehr hoch. Es muss insbesondere ein dringender Tatverdacht vorliegen, also die Indizien müssen so erdrückend sein, dass man davon ausgehen kann, dass wahrscheinlich eine Verurteilung erfolgen wird. Zudem muss ein besonderer Haftgrund wie Fluchtgefahr oder Verdunklungsgefahr vorliegen.

Um den Grundrechtsschutz wirklich zu gewährleisten müssen auch in diesem Verfahren bereits alle vorliegenden Tatsachen geprüft werden und der Betroffene muss das Recht haben, sich zu entlasten. Die Begründung eines Haftbefehls muss ins Detail gehen und darf nicht einfach nur die gesetzlichen Vorschriften abschreiben, ohne auf den konkreten Fall einzugehen.

Wie ist das Verhältnis zu Art. 104 GG?

Während Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Freiheit der Person als inhaltliches Recht schützt, regelt Art. 104 GG das Verfahren und die Zuständigkeit. Demnach darf die dauerhafte Freiheitsentziehung nur durch einen Richter entschieden werden.

Ist die Schulpflicht eine Form der Freiheitsentziehung?

Dies ist umstritten.

Unstrittig ist, dass die Freiheit eines Schülers durch die Pflicht, sich auf dem Schulgelände oder im Klassenzimmer aufzuhalten, die Fortbewegungsfreiheit berührt. Allerdings ist dies nur eine Nebenfolge der staatlichen Anordnung, sich eine bestimmte Bildung zuzueignen. Soweit der schulische Unterricht sich also in dem Rahmen hält, der durch das Gesetz, den Lehrplan und die Stundentafel vorgegeben ist, liegt hierin wohl keine Beschränkung des Grundrechts auf persönliche Freiheit.

Anders ist es dagegen, wenn eine besondere persönliche Pflicht zum Erscheinen angeordnet wird, die sich außerhalb des üblichen Unterrichts bewegt. Ein solches Nacharbeiten stellt eine Freiheitsentziehung dar, die jedenfalls einer gesetzlichen Grundlage bedarf.

Soweit die Schulpflicht durch Zwang durchgesetzt wird, bspw. in seltenen Fällen durch Polizeikräfte, die Schüler in die Schule (zurück-) bringen, liegt hierin auf jeden Fall eine Freiheitsentziehung.

Sind auch Durchsuchungen der Person Freiheitsbeschränkungen?

Tendenziell ja, da sie den Betroffenen dazu verpflichten, sich zur polizeilichen Verfügung zu halten und die Durchsuchung an Ort und Stelle zu dulden. Wer durchsucht wird, kann sich naturgemäß nicht fortbewegen.

Allerdings handelt es sich insoweit um relativ niederschwellige und kurzfristige Maßnahmen, die sehr leicht zu rechtfertigen sind nur geringe grundrechtliche Bedeutung haben.

Welche nichtpolizeilichen Freiheitsbeschränkungen gibt es?

Grundsätzlich fällt jede staatliche Anweisung, sich an einen bestimmten umgrenzten Ort zu begeben, darunter. Dazu gehört auch die Einweisung in Heime, in Krankenhäuser, in Entziehungsanstalten, in psychiatrische Behandlung o.ä.

In all diesen Fällen braucht es grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage (die in aller Regel bereits existiert) und einer entsprechenden Anwendung dieser Grundlage auf den Einzelfall. Dabei muss aber stets das Grundrecht der Freiheit der Person beachtet und es darf hierin nur in verhältnismäßiger Weise eingegriffen werden.

Zudem wird eine regelmäßige Überprüfung dahin gehend, ob die Unterbringung noch notwendig ist, stattfinden müssen.

Was sind neuartige Freiheitsbeschränkungen?

Die Freiheit der Person ist in vielerlei Hinsicht bedroht.
Die Freiheit der Person ist in vielerlei Hinsicht bedroht.
Als neuartige Freiheitsbeschränkungen bezeichnet man staatliche Eingriffe in die persönliche Fortbewegungsfreiheit, die sich nicht in einer typischen Verhaftung äußern, sondern auf anderem Wege wirken. Hierzu gehören bspw. Verbote, bestimmte Veranstaltungen aufzusuchen oder zu besonderen Anlässen aus dem Bundesgebiet auszureisen.

Ob und in welchen Fällen es sich dabei um Freiheitsbeschränkungen gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG handelt, ist noch umstritten und wurde seitens der Rechtsprechung nicht vollständig und allgemein geklärt. Diese Frage könnte sich bei den nächsten sportlichen Großereignissen, insbesondere Fußball-EM und -WM, erneut stellen.

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