Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 und 2 GG)

(Letzte Aktualisierung: 14.03.2021)

Meinungsfreiheit

Wo steht die Meinungsfreiheit im Grundgesetz?

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 sagt:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

Gerade in Zeiten des Internets bekommt die Meinungsfreiheit besondere Bedeutung.
Gerade in Zeiten des Internets bekommt die Meinungsfreiheit besondere Bedeutung.
Es handelt sich also nicht nur um eine Meinungsäußerungsfreiheit, sondern auch um eine Informationsfreiheit. Die Meinungsfreiheit wird allerdings durch Abs. 2 erheblich eingeschränkt, wonach die allgemeinen Gesetze die Meinungsfreiheit begrenzen dürfen.

Was ist eine Meinung?

Eine Meinung ist jedes Werturteil, also eine wertende Betrachtung von Tatsachen, Verhaltensweise und Verhältnissen. Auch das Stellen einer Frage kann eine Meinungsäußerung sein.

Unerheblich ist dabei, ob es sich um eine „wertvolle“ Meinung handelt, die begründet, rational und nachvollziehbar ist. Auch „gefährliche“ Ansichten bis hin zu verfassungsfeindlichen Äußerungen sind Meinungen.

Bedeutet Meinungsfreiheit, dass ich alles sagen darf?

Prinzipiell ja, allerdings ist die Meinungsfreiheit in Deutschland durch zahlreiche Gesetze eingeschränkt.

Es gibt viele Strafnormen, die einem bestimmte, meist öffentliche Aussagen verbieten. Außerdem ist es denkbar, dass man auf dem Zivilrechtsweg auf Unterlassung verklagt wird, wenn man bestimmte Dinge sagt.

Daher kann man nicht wirklich sagen, dass es in Deutschland ein umfassendes Recht auf Meinungsäußerung gibt.

Muss die Meinungsfreiheit trotzdem beachtet werden?

Die Meinungsfreiheit geht über die bloße Gedankenfreiheit hinaus. Auch Meinungsäußerungen sind geschützt.
Die Meinungsfreiheit geht über die bloße Gedankenfreiheit hinaus. Auch Meinungsäußerungen sind geschützt.
Ja. Die Gesetze, die die Meinungsfreiheit beschränken, müssen deren grundrechtliche Wirkung trotzdem beachten. Daher sind die Gesetze immer so auszulegen, dass möglichst viel von der Meinungsfreiheit übrig bleibt.

Bsp.:

Die Meinungsfreiheit wird durch die Strafbarkeit der Beleidigung (§ 185 StGB) eingeschränkt. Dies ist zulässig, weil diese Strafnorm die persönliche Ehre schützen soll. Bei der Auslegung des Beleidigungstatbestände muss aber darauf geachtet werden, dass nicht jede kritische Äußerung unterbunden wird.

Sind auch Tatsachenbehauptungen von der Meinungsfreiheit geschützt?

In aller Regel schon. Tatsachen gehören jedenfalls in zwei Fällen zur Meinungsfreiheit:

  • Tatsachen, die der Meinungsbildung dienen: Eine (informierte) eigene Meinung kann man nur aufgrund von Tatsachen bilden. Hierfür müssen also Tatsachen zumindest der Informationsfreiheit unterfallen, damit ich überhaupt das Recht habe, mir diese Tatsachen zu beschaffen. Dafür muss es aber auch möglich sein, diese Tatsachen zu äußern.
  • Meinungsäußerung über Tatsachenfragen: Die Mitteilung vermeintlicher Tatsachen außerhalb der eigenen Wahrnehmung bedeutet immer auch „Ich bin aufgrund der von mir eingeholten Informationen der Meinung, dass das richtig ist“. Geäußert wird also implizit nicht die Tatsache als solche, sondern das Ergebnis des eigenen Überlegungsprozesses.

Dies ist in aller Regel der Fall, da sich zum einen auf fast jeder Tatsache eine Meinung aufbauen lässt. Zumal anderen ist auch die Äußerung einer vermeintlichen Tatsache fast immer mit einer persönlichen Wertung verbunden, da kaum jemand im Besitz der reinen Wahrheit ist.

Mehr dazu:

Selbstverständlich unterliegen auch solche Meinungsäußerungen der allgemeinen Einschränkbarkeit. Die Schranken, die der Staat festlegen kann, sind unter Umständen auch weiter gehend, da es eben nicht mehr um rein persönliche Anschauungen geht, sondern die Tatsachen auch nachprüfbar sind und eine Einschränkung von Fehlinformationen eher gerechtfertigt sein kann.

Fallen auch rechtswidrig erlangte Tatsachen unter die Meinungsfreiheit?

Ja, es ist unerheblich, aus welcher Quelle die Tatsachen erlangt wurden.

Dürfen Äußerungen nur in „Wort, Schrift und Bild“ erfolgen?

Nein, die Äußerung ist nicht an diese aufgezählten Medien gebunden. Diese stellen nur Beispiele dar, die die klassischen Arten der Wiedergabe umfassen.

Neuartige Medien werden in aller Regel auch unter diese Begriffe zu fassen sein (auch ein Youtube-Video ist nur eine Kombination aus Wort und Bild), aber dies ist wohl im Ergebnis nicht notwendig. Jede Form, seine Meinung auszudrücken, ist grundrechtlich geschützt.

Habe ich ein Recht darauf, dass jemand meiner Meinungsäußerung zuhört?

Nein.

Das Grundgesetz garantiert nicht, dass die geäußerte Meinung ein Publikum findet oder überhaupt jemanden interessiert. Dies könnte der Staat auch gar nicht leisten.

Soweit sich die Meinungsäußerung an den Staat richtet, wird regelmäßig die Petitionsfreiheit das passendere Grundrecht sein.

Sind auch bewusste Lügen Meinungen?

Nein, diese werden in der Regel nicht unter die Meinungsfreiheit gefasst.

Grund dafür ist, dass die Äußerung von Tatsachen nur unter die Meinungsfreiheit fällt, weil (siehe oben) hier mitschwingt, dass man der Meinung ist, diese seien wahr. Wer aber bewusst Unwahres verbreitet, der äußert gerade nicht seine Meinung, eine Tatsache sei zutreffend.

Gehört Hate Speech zur Meinungsfreiheit?

Ja.

Man hört neuerdings häufig die Ansicht, Hass sei keine Meinung o.ä. Das ist verfassungsrechtlich aber grob falsch. Jede Meinungsäußerung ist vom Grundgesetz geschützt, mag sie auch noch so abstoßend, unzutreffend oder verdammenswert sein.

Eine andere Frage ist aber, ob solche Hassrede für verboten oder strafbar erklärt werden kann. Eine derartige Einschränkung der Meinungsfreiheit wird häufig zulässig sein. Dies ändert aber nichts daran, dass die Aussage grundsätzlich unter die Meinungsfreiheit fällt.

Fallen auch Schmähkritik und Formalbeleidigungen unter Meinungsfreiheit?

Ja.

Allerdings wird bei diesen Formen der Beleidigung meist der Ehrschutz einen höheren Rang haben als die Meinungsfreiheit. Insoweit ist es also verfassungsrechtlich zulässig, dass das Strafrecht diesen Äußerungen für verboten erklärt.

Was sind allgemeine Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG)?

Allgemeine Gesetze sind solche, die nicht eine bestimmte Meinung oder Meinungsäußerung verbieten, sondern allgemeine Verbote aussprechen.

So ist bspw. das Verbot von Beleidigungen ein allgemeines Gesetz, weil es alle Beleidigungen umfasst und nicht nur Beleidigungen von bestimmten Personen oder gegen bestimmte Personen.

Sind Gesetze gegen NS-Verherrlichung allgemeine Gesetze?

An sich nicht, weil sie eben ganz speziell eine bestimmte Art der Äußerung verbieten.

Nach herrschender Meinung sind sie trotzdem verfassungskonform, da sie andere Verfassungsgüter, vor allem die bestehende freiheitlich-demokratische Ordnung, schützen wollen.

Ist die Meinungsfreiheit von Journalisten besonders geschützt?

Das kommt darauf an.

Während die Pressefreiheit die pressemäßige Verbreitung von Zeitungen u.ä. schützt, schützt die Meinungsfreiheit die Meinungsäußerungen an sich. So gesehen können sich Journalisten hinsichtlich der Inhalte ihrer Artikel grundsätzlich nur auf die Meinungsfreiheit berufen, sind also nicht stärker geschützt als Normalbürger auch.

Andererseits müssen bei Beschränkungen der Meinungsfreiheit stets die Interessen der Beteiligten berücksichtigen. Insoweit kann auch die Aufgabe der Presse, Missstände aufzudecken und deutlich zu benennen, in die Abwägung einzubeziehen sein. Insofern kann ein Journalist durchaus zu schärferen oder polemischeren Aussagen berechtigt sein. Dies ist aber hochgradig einzelfallabhängig.

Was ist, wenn eine Aussage mehrere Interpretationen zulässt?

Viele Aussagen sind zweideutig oder lassen mehrere Möglichkeiten des Verständnisses zu. Dies gilt im Besonderen für mündliche Aussagen, aber auch für Texte. Dabei kann es sein, dass die eine Auslegung zu einer Strafbarkeit führt, die andere jedoch nicht.

In diesem Fall muss das Gericht genau prüfen, wie die Aussage gemeint war und welches Verständnis der Bürger dadurch hervorrufen wollte. Da das Strafrecht bei sämtlichen Meinungsäußerungsdelikten nur eine vorsätzliche Begehung unter Strafe stellt, geht es wesentlich um den Willen des Äußernden. Für die Ermittlung dieses Willens sind alle Umstände der Aussage und insbesondere der Kontext der Äußerung zu berücksichtigen.

Im Zweifel ist die Auslegung heranzuziehen, die sich innerhalb der Meinungsfreiheit befindet.

Mehr dazu:

Wer nimmt die Auslegung der Aussagen vor?

Ausnahmsweise kann auch das Bundesverfassungsgericht selbst diese Auslegung vornehmen.

Normalerweise ist das Bundesverfassungsgericht an die Tatsachenfeststellung gebunden, die die Instanzgerichte festgestellt haben. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, den Sachverhalt selbst zu erörtern, sondern es übernimmt grundsätzlich die Feststellungen des Instanzgerichts. Denn die Überzeugungsbildung hinsichtlich Tatsachen ist Aufgabe des Fachgerichts, das BVerfG prüft nur die Anwendung des Verfassungsrechts auf diese Tatsachen.

Bei der Auslegung von Meinungsäußerungen ist das aber anders. Weil die Bewertung der Begleitumstände nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit und dessen Einschränkbarkeit getrennt werden kann, muss auch das Bundesverfassungsgericht selbst prüfen, ob die Auslegung der Äußerung verfassungskonform war. Insbesondere darf das Gericht den Kontext nicht lückenhaft erfassen oder relevante Umstände einfach weglassen.

Mehr Informationen:

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