Staatsbürgerliche Gleichheit (Art. 33 Abs. 1 bis 3 GG)

(Letzte Aktualisierung: 17.09.2021)

Die staatsbürgerliche Gleichheit, die Artikel 33 des Grundgesetzes garantiert, geht über die allgemeine Gleichbehandlung aus Art. 3 GG hinaus bzw. präzisiert diese.

Während der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr besteht, wenn es Unterschiede zwischen Gruppen von Personen gibt, setzt die staatsbürgerliche Gleichheit eine Gleichbehandlung in diesem Bereich voraus und nennt, z.B. für die Besetzung von Beamtenstellen, die heranzuziehenden Kriterien: Eignung, Befähigung und Leistung.

Gerade die Auswahl von Beamten ist durchaus neuralgisch für den Staat. Die Frage, wer staatliche Aufgaben ausführt und Staatsgewalt ausübt, hängt durchaus mit den Rechten anderer Bürger und mit der Qualität der Staatsverwaltung insgesamt zusammen.

Neben diesen staatlichen Prinzipien ist der Zugang zu staatlichen Ämtern aber auch für den Bewerber von Bedeutung. Dieser hat einen Anspruch darauf, dass er für ein staatliches Amt berücksichtigt wird, wenn er die Voraussetzungen erfüllt.

Grundrecht

Was bedeutet staatsbürgerliche Gleichheit?

Das Grundrecht der staatsbürgerlichen Gleichheit ist in Art. 33 Abs. 1 bis 3 GG verankert:

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

Der Zugang zu öffentlichen Ämtern darf nur diskriminierungsfrei erfolgen.
Der Zugang zu öffentlichen Ämtern darf nur diskriminierungsfrei erfolgen.
Dabei handelt es sich um eine spezielle Ausformung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 GG), der sich nicht auf die Menschen im Allgemeinen, sondern auf ihre Rolle als Staatsbürger bezieht. Zugleich handelt es sich dabei um ein Staatsprinzip, das festlegt, nach welchen Kriterien öffentliche Ämter vergeben werden müssen.

Nach welchen Gesichtspunkten werden Staatsämter vergeben?

Art. 33 Abs. 2 GG legt als Kriterien für die Auswahl von Staatsdienern ausschließlich „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ fest. Jeder deutsche Bürger hat das Recht, innerhalb dieser Gesichtspunkte gleich behandelt zu werden. Andere Kriterien dürfen demnach keine Anwendung finden.

Gilt das auch für höchste Staatsämter?

Soweit es sich um Wahlämter oder politische Ämter handelt, finden diese Grundsätze in der Regel keine Anwendung. Insoweit überlagert das Demokratieprinzip die staatsbürgerliche Gleichheit.

Gilt das auch für Arbeitsverhältnisse mit dem Staat?

Ja, grundsätzlich schon.

Nicht nur bei der Ernennung von Beamten, sondern auch bei der Einstellung von Arbeitnehmern müssen die besten ausgewählt werden. Allerdings wird man bei Arbeitnehmern, insbesondere bei absehbarer zeitlicher Befristung der Stelle, eher von den strikten Vorgaben der Bestenauswahl abrücken und ein gewisses Ermessen zulassen können.

Sind Quoten im öffentlichen Dienst zulässig?

Quoten sind bei der Besetzung öffentlicher Ämter in der Regel unzulässig.
Quoten sind bei der Besetzung öffentlicher Ämter in der Regel unzulässig.
Im Ergebnis wohl nicht.

Art. 33 GG sieht das Prinzip der Bestenauslese aus Grundstein der Vergabe öffentlicher Ämter vor. Diese Regelung kann auch durch Motive vermeintlicher Gleichbehandlung nicht ausgehebelt werden.

Denkbar ist lediglich eine Berücksichtigung von Quotengesichtspunkten bei absolut identischer Befähigung mehrerer Bewerber.

Welche staatsbürgerlichen Rechte sind in Art. 33 Abs. 1 GG gemeint?

Die staatsbürgerlichen Rechte sind zum einen die politischen Mitwirkungsrechte, also das aktive und passive Wahlrecht sowie das Stimmrecht bei staatlichen Abstimmungen. Darüber hinaus werden aber auch die Grundrechte und sonstige Rechte des Einzelnen gegenüber dem Staat geschützt.

Sind keinerlei Unterschiede zwischen Einheimischen und anderen Deutschen erlaubt?

Doch, in gewissem Maße darf hier differenziert werden, sofern sich die Unterscheidung rational erklären lässt. So darf bspw. das Wahlrecht von einer gewissen Wohndauer im Land abhängig gemacht werden.

Gilt die Chancengleichheit aus Art. 33 Abs. 2 GG auch für EU-Ausländer?

Dies ist umstritten.

Art. 33 Abs. 2 GG sagt:

Jeder Deutsche hat (…) gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

Davon sind eigentlich dem Wortlaut nach nur Deutsche erfasst.

Bei den klassischen Deutschen-Grundrechten sind die EU-Ausländer aber gleichberechtigt mit Deutschen, der Begriff „Deutsche“ wird hier erweitert ausgelegt. Soweit es aber um Beamtenrechte geht, dürfte diese Ansicht nicht unmittelbar übertragbar sein.

Allerdings ist im Gesetzesrecht die Gleichstellung verankert worden. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) darf Beamter werden, wer Deutscher, EU-Bürger, Bürger eines EWR-Staates oder Bürger eines Staates, mit dem ein entsprechender Vertrag existiert, ist.

Stellt Art. 33 Abs. 3 GG ein eigenes Grundrecht dar?

Wohl eher nicht. Eine Ungleichbehandlung wegen der Religion verbietet eigentlich bereits Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Insoweit dürfte es sich um eine spezielle Ausprägung des Gleichheitsgrundsatzes handeln, die aber keinen zusätzlichen Schutz vermittelt. Man könnte der Vorschrift lediglich eine Klarstellungsfunktion zuschreiben.

Gilt Art. 33 Abs. 3 GG auch für konfessionsgebundene Ämter?

Nein.

Als konfessionsgebundene Ämter bezeichnet man Posten, die eine besonders enge Verbindung zu einer Religion oder deren Inhalten haben. Dazu gehören bspw. Religionslehrer, Theologieprofessoren, Geistliche in staatlichen Krankenhäusern, in Gefängnissen oder in der Bundeswehr.

Bei diesen Stellen gehört es aber zu den berufsbezogenen Anforderungen, dass der Amtsinhaber einer bestimmten Religion und Konfession angehört. Insofern handelt es sich um keine Diskriminierung wegen der Religion, sondern ihm fehlt dann einfach die Befähigung, die Inhalte dieser Religion zu vermitteln oder zu vertreten.

Sind Quoten bei der Einstellung von Beamten zulässig?

In aller Regel nicht.

Es gilt das Prinzip der Bestenauslese, wonach ausschließlich die Kompetenz darüber entscheiden soll, wer ein Amt bekommt und wer nicht. Alle Kriterien, die klassischerweise bei Quotierungen herangezogen werden (das Geschlecht, die Ethnie, die Herkunft usw.), sind für die Beurteilung der Kompetenz völlig irrelevant. Daher dürfen sie auch nicht beachtet werden.

Nur für den (höchst theoretischen) Fall, dass mehrere Bewerber absolut gleich befähigt sind und es kein denkbares Argument gibt, warum der eine gegenüber dem anderen bevorzugt werden sollte, können Quotengesichtspunkte eine Rolle spielen.

Nach alledem dürfte eine von der Politik bereits ins Spiel gebrachte „Migratenquote“ im öffentlichen Dienst verfassungswidrig sein.

Was besagt Art. 33 Abs. 4 GG?

Art. 33 Abs. 4 sagt:

Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

Sinn dieser Vorschrift ist es, die Ausübung der Staatsgewalt ausschließlich Beamten zu übertragen. Denn diese stehen in einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis“, sind dem Staat also zu besonderer Loyalität verpflichtet.

Das Grundgesetz geht davon aus, dass diese Amtsträger besonders verlässlich sind und dauerhaft zuverlässig ihre Tätigkeit ausüben. Diese Regelung bezeichnet man als „Funktionsvorbehalt“ des Grundgesetzes.

Den Gegensatz zu den Beamten bilden staatliche Angestellte, die keine Beamten sind, sondern durch ein normales Arbeitsverhältnis mit dem Staat verbunden sind. Auch sog. Beliehene (Private, die mit der Wahrnehmung von Staatsaufgaben betraut werden) stehen in keinem Dienst- und Treueverhältnis.

Verpflichtet Art. 33 Abs. 4 GG den Staat dazu, ausschließlich Beamte zu beschäftigen?

Nein.

Die Praxis des Staates, in steigendem Umfang auch Arbeitnehmer einzusetzen, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Art. 33 Abs. 4 GG knüpft daran an, dass es sich bei der Stelle um eine „ständige Aufgabe“ handelt und gilt auch nur „in der Regel“. Ausnahmen sind also zulässig.

Damit Art. 33 Abs. 4 GG nicht völlig entwertet wird, ist wesentlich darauf abzustellen, wie sehr die Tätigkeit zum Kernbereich hoheitlichen Handelns gehört und wie nah sich der Amtsträger an der Grundrechtssphäre der Bürger befindet. So wird man bspw. Polizisten im Außendienst stets nur als Beamte beschäftigen können. Im reinen Polizeiverwaltungsdienst ist dies aber nicht zwingend.

In der Rechtswissenschaft sind allerdings bereits Stimmen laut geworden, dass die derzeitige Einstellungspraxis dem Funktionsvorbehalt nicht mehr genügt, weil auch ständige Ämter längst nicht mehr nur ausnahmsweise durch Angestellte besetzt werden, sondern dies fast schon die Regel darstellt. Die weitere Rechtsprechung dazu bleibt abzuwarten.

Stellt Art. 33 Abs. 4 GG ein Grundrecht dar?

Dies ist umstritten, wohl eher nicht. Es handelt sich dabei um ein Staatsprinzip, nicht um ein individuelles Recht.

Allerdings ergänzt Absatz 4 die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 dahingehend, dass die dort behandelten Ämter eben unter bestimmten Voraussetzungen Beamtenstellen sein müssen.

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