Kinderrechte ins Grundgesetz?

Brauchen Kinder eigene Grundrechte in der Verfassung?
Brauchen Kinder eigene Grundrechte in der Verfassung?
Nach langen Diskussionen sollen nun sogenannte „Kinderrechte“ ins Grundgesetz aufgenommen werden.

Der Ansatz ist, dass die speziellen Rechte von Kindern, gerade in gerichtlichen Verfahren, in denen es um sie selbst geht (z.B. Sorgerecht), geschützt werden sollen. Zudem sollen die besonderen Bedürfnisse der Kinder verfassungsrechtlich berücksichtigt werden.

Dagegen wird zum einen eingewandt, dass Kindern natürlich die gleichen Grundrechte zustehen wie allen anderen Menschen. Gerade im Familienrecht sind ihre Rechte außerdem durch die einfachen Gesetze weitgehend geschützt. Besonders kritisch wurde zudem gesehen, dass die Kinderrechte auch gegen die Rechte der Eltern stehen können. In solchen Konflikten wäre dann quasi automatisch der Staat berufen, die Kinder gegen ihre Eltern zu „schützen“. Damit drohte, dass die Eingriffsrechte des Jugendamts und anderer Behörden ausgebaut werden.

Nun soll wohl der folgende Absatz in Artikel 6 des Grundgesetzes integriert werden:

Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.

Diese Sätze bedürfen aber einer einzelnen Betrachtung:

Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen.

Dass die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder zu achten sind, ist lediglich eine Wiederholung. Denn wenn diese Rechte verfassungsmäßig sind, ergeben sie sich ohnehin schon aus dem Grundgesetz und müssen sowieso beachtet werden.

Die „Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten“ könnte aber ein eigenes, neues Grundrecht darstellen. Dass diese Entwicklung „zu achten und zu schützen“ ist, klingt nach einem zusätzlichen Überwachungsauftrag des Staates.

Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen.

Dieser Satz bleibt nebulös. Es wird nicht klar, in welcher Beziehung das Wohl des Kindes zu berücksichtigen sein wird. Falls damit das „Kindeswohl“, wie man es aus dem Familienrecht kennt, gemeint ist, dürfte sich nicht viel ändern. Auch die „Angemessenheit“ lässt viel Raum für Interpretation.

Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren.

Das rechtliche Gehör ist bereits in Art. 103 Abs. 1 GG niedergelegt. Dieser Satz ist also auch nur eine Wiederholung mit allenfalls appellativem Charakter, dass Familienrichter die Kinder „besonders gut“ anhören sollen.

Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.

Dieser Satz soll offensichtlich Bedenken zerstreuen, dass die Eltern durch diese Grundgesetzänderung in ihren Rechten eingeschränkt werden. Ihre primäre Aufgabe, sich um ihre Kinder zu kümmern und für sie zu entscheiden, hier als „Erstverantwortung“ bezeichnet, soll unangetastet bleiben.

Bewertung

Eine abschließende Bewertung dieser Verfassungsänderung scheint noch kaum möglich. Insgesamt wird man wohl schon konstatieren müssen, dass auf die Kritikpunkte an dem Vorhaben eingegangen wurde. Ob die Formulierung aber dazu führt, dass diese Befürchtungen eines Staates, der sich immer mehr in die Familien einmischt, unbegründet sein werden, wird sich zeigen.

Mehr Informationen zu den Beweggründen finden sich auf der Seite der Bundesregierung hierzu.

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